aus: Die Glocke
Verstärkt werden Familien zur Aufnahme unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge gesucht. Dazu sprach „Die Glocke“ mit Dr. Christoph Heckmann, Leiter der Erziehungshilfe St. Klara, Caritasverband im Kreisdekanat Warendorf.
„Die Glocke“: Spätestens seit diesem Sommer ist das Thema der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge auch in den Medien und der Öffentlichkeit angekommen. Die Bundesregierung rechnet für dieses Jahr mit 30 000 jungen Flüchtlingen, die ohne Eltern oder nahe Verwandte in Deutschland einreisen. Was geschieht mit diesen jungen Menschen?
Dr. Heckmann: Zunächst einmal müssen diese Kinder und Jugendlichen vom zuständigen, örtlichen Jugendamt in Obhut genommen werden. Das bedeutet gleichzeitig, dass diese nicht in den sonst üblichen Notunterkünften aufgenommen werden und dort verbleiben können. Sie werden von der Jugendhilfe betreut, das heißt, sie leben in Jugendwohngruppen, betreuten Wohnformen oder Familien.
„Die Glocke“: Stehen denn da genügend Plätze zur Verfügung?
Dr. Heckmann: Genau das ist das Problem, vor dem wir aktuell stehen. Alle Jugendämter, alle Jugendhilfeeinrichtungen sind auf der Suche nach geeignetem Wohnraum. Es werden große Häuser ab etwa 250 Quadratmeter Wohnraum gesucht, um dort Gruppen einzurichten. Wir brauchen aber auch Dreizimmerwohnungen für beispielsweise Zweier-WGs. Und vor allem suchen wir Familien, die sich vorstellen können, einem jungen Menschen vorübergehend eine Bleibe zu ermöglichen.
„Die Glocke“: Wie muss man sich die Betreuung dieses jungen Menschen in einer Familie vorstellen?
Dr. Heckmann: Zunächst einmal gelten in jedem Fall die gleichen Betreuungsstandards wie sonst in der Jugendhilfe auch. Wenn Sie beispielsweise einen jungen Menschen in die Familie aufnehmen, haben Sie vom ersten Tag an einen direkten Ansprechpartner, der Sie, Ihre Familie und Ihren „Gast“ intensiv begleitet und berät. Bei der Vielfalt der Themen, die da auf alle zukommen, ist das auch sehr wichtig. Es gibt viele Fragen zu klären, angefangen bei der Staatsangehörigkeit, dem Alter und der Schulbildung. Es ist zu überprüfen, ob nicht doch ein Angehöriger in Deutschland oder auch Europa lebt. Daneben gibt es insbesondere auch die Fragen des alltäglichen Zusammenlebens.
„Die Glocke“: Wie sehen die bisherigen Erfahrungen mit den unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen konkret aus?
Dr. Heckmann: Natürlich sind diese sehr vielfältig, aber man kann sagen, dass die meisten motiviert sind, zu lernen und sich hier in Deutschland schnell zu integrieren. Sie sind sehr daran interessiert, Deutsch zu lernen. Mehrheitlich sind es männliche Jugendliche ab etwa 14 Jahren. Allerdings sind auch Mädchen und kleinere Kinder darunter. Viele dieser zuletzt genannten wurden auf der Flucht von ihren Eltern getrennt, oder die Eltern sind ums Leben gekommen.
„Die Glocke“: Wie genau können unsere Leser nun helfen?
Dr. Heckmann: Wie oben erwähnt, suchen wir dringend nach geeigneten Unterbringungsmöglichkeiten. Insbesondere suchen wir nach Familien, die sich eine Aufnahme vorstellen können. Und wie gesagt: Die Aufnehmenden stehen nicht allein. Ihnen steht eine ausgebildete Fachkraft zur Seite, die in pädagogischen aber auch rechtlichen Fragen hilft. Auch für den notwendigen finanziellen Ausgleich ist gesorgt. Sachkosten und ein Erziehungsbeitrag werden gezahlt. Interessierte können sich gern zu einem unverbindlichen Informationsgespräch melden.
Informationen: Erziehungshilfe St. Klara, E-Mail: inderwiedenstrasse@kcv-waf.de, w 02521 / 8401208, www.erziehungshilfe-st-klara.de